Festansprache der Leiterin der Kulturwerkstatt Dr. Ingrid Gasser
In seinem genialem Frühwerk ist Paul Flora geprägt von der Zeichenkunst Alfred Kubins, mit dem er künstlerisch freundschaftlich verbunden war und der ihn in seinem Schaffen schon auch geprägt hat. Paul Flora drückt die Bedeutung Kubins für ihn selbst folgendermaßen aus: „Wichtig war Kubin für mich auf meiner Suche ein eigener Charakter zu werden. Er war mir auch wegen meiner frühen Kindheit , die sich in einer vergangenen, verwehten Welt abgespielt hat, immer vertraut. Ich wurde in Glurns in Vinschgau geboren. Diese winzige Stadt, 700 Einwohner, von einer Mauer umgeben, damals verfallen und verschmutzt, hatte gar nichts mit einer lebendigen Gegenwart zu tun, bestand aus Vergangenheit. Das gleiche galt für das pompöse Familienstammhaus in Mals, dessen Interieur stammte aus dem Jahre 1870 und in dem Haus wohnten für mich merkwürdige Greise und Greisinnen. Zehn Jahre später sah ich erstmals Zeichnungen von Kubin, ich war nicht im Geringsten überrascht, denn für mich stellten sie eine Welt dar, die ich kannte. Geschwungene Lampen, Spitzenvorhänge, verstimmte Pianinos, Kaiserbüsten, düstere Kellergewölbe, Öldrucke mit Wildererszenen, Plüschsalons belebt mit skurrilen Beamten aus Wien, verarmtem Adel, russischen Emigranten und sonstigem Strandgut einer untergegangenen Epoche. Und so begann ich zu zeichnen, anfangs rein Kubin-Imitationen, dann eigenständige Zeichnungen, wenn auch die Kubinschen Unheimlichkeiten mich immer ein wenig begleitet haben.“
Später werden aus der dichten, ja fast radikalen Schraffur, feinnervige, dünnlinige und zarte Linien. Konsequent entwickelt Paul Flora eine unverkennbare Strichtechnik mit Tuschefeder, die einen Flora auf der ganzen Welt unverkennbar machen. Infolge wird auch der Bleistift und der Buntstift hin und wieder eingesetzt.
Seine Motivwahl gilt dem Originellen, seine wiederkehrenden Themen sind Akrobaten, Harlekins, Militärszenerien, Städte, wie Venedig mit seinem Karneval, erotische Darstellungen aber auch Darstellungen von Spießigkeit. In seinen späteren Werken tritt ein stark lyrisches Element in der Bearbeitung der Bildthemen hinzu: Herbstlandschaften, einsame Reiter im Nebel, kahle Bäume und verlassene Häuser werden dargestellt.
Ein häufiges und sehr bekanntes Motiv ist der Rabe, zu dem Paul Flora bemerkt:“ Mit denen hat es weiters nichts Geheimnisvolles auf sich. Käufer meiner Zeichnungen wollen mitunter eben Raben, und so zeichne ich mitunter eben solche. Die Kunst geht nach Brot. Shamed be who evil thinks.
Der Witz in den Zeichnungen Paul Floras reicht von ätzender Satire, über milde Ironie bis zu gelassenem Humor. Seine Zeichnungen sind eine zur Bühne gemachte Welt, die mit köstlichen Geschichten besiedelt ist, den handelnden Figuren werden Rollen des Komischen und Allzumenschlichen auf den Leib geschrieben. Die dargestellte Komik beinhaltet jedoch bereits das Tragische.
Paul Klee hat einmal von der Kunst als Maske zwischen Mensch und Wahrheit gesprochen. So auch bei Paul Flora, der sich stets eine heitere Gelassenheit bewahrt hat, aber niemals den allgegenwärtigen Blick für Distanzen verloren hat.
Hans van der Grienten hat über seine Kunst gesagt: Floras Kunst besitzt die Tiefe eines Lebensraumes, der sich dem Betrachter öffnet, sich aber zugleich von ihm distanziert.
Paul Flora ist jedoch in mehrfacher Hinsicht begabt. Er ist auch Literat, der geborene Erzähler, dem sich die Dinge schnell zu einer Geschichte formen, der kluge Beobachter, der sich mit scharfem Intellekt seine Gedanken macht. Für Friedrich Dürrenmatt ist Flora ein „Denker und Grübler“, Erich Kästner sagt:“Flora ist ein Bilderschriftsteller. Der Zeichner ist mit dem Schriftsteller viel enger verwandt als mit dem Maler. Der Zeichner und Schriftsteller sind Zwillinge, sie sind beide Erzähler.“
Paul Flora hat über dreißig Bücher geschrieben, das erste nannte sich „Floras Fauna“ und wurde unter anderen auch für den ORF verfilmt. In dem Buch „Dies und Das“ erzählt er meisterhaft von bekannten Altösterreichern, echten Wienern, Urtirolern und verführerischen Venezianerinnen.
Paul Flora war mehr als ein Jahrzehnt für die Hamburger Wochenzeitschrift „Die Zeit“ als Karikaturist tätig, er schuf über 3000 politisch-ironische Zeichnungen.
Paul Flora ist Mitglied des Art Clubs und des Pen Clubs und hat viele Auszeichnungen im In- und Ausland erhalten, seine Bilder wurden in verschiedenen Städten gezeigt, München, Paris, New York und und und. 1992 gab es in Wien eine große Retrospektive, im Sommer gibt es übrigens bei uns auf der Hollenburg, ausgehend von der Galerie Walker eine Ausstellung von Paul Flora.
Man könnte diese Liste noch sehr lange fortsetzen, ich würde aber zu lange sprechen, so will ich nur noch ein paar kleine Geständnisse, die der Künstler in seinem neuesten Buch „Zeichnungen 1938 – 2001“ über sich selbst macht, den Zuhörern verraten.
Paul Flora Originalzitat: „Bilder sollten nicht nur schön sein. Schönheit allein führt zu Langeweile. Ich denke jede Form der Kunst ist erlaubt, außer einer langweiligen. Meine Zeichnungen sind ziemlich leicht verständlich, was ein Handicap für strenge Experten und Ideologen ist. Sie genieren sich oft, wenn ihnen etwas Unterhaltendes und leicht zu Begreifendes gefällt. Was schwieriger zu verstehen ist, hat natürlich oft mit Qualität zu tun, aber manchmal auch mit Dampfplauderei bildnerischer oder literarischer Natur. Nicht alles, was für tief und bedeutend verkauft wird, ist es auch. Man kann Wasser auch ein wenig trüb machen, damit man nicht sieht, dass es seicht ist.“
Magdalena Hörmann hat dazu sehr treffend festgestellt: „Bei aller Bewunderung für die wort- und bildmächtigen Weltschmerzler, die Kubins und Herzmanovskys, die ihn geistig eng begleitet haben, ist Paul Flora die eigene Normalität ein wichtiges Gut. Er ist pünktlich und verlässlich in allen Handlungen, er hat ein freundliches Wesen und unterlässt Selbstgefälligkeiten und In-Positur-Setzungen, wozu es bei seiner Berühmtheit durchaus Möglichkeiten gäbe.“
Um auf die vorher erwähnten Distanzen zurückzukommen – man kann aber auch auf einen ungemütlichen Flora stoßen, wenn ihn Geschwätzigkeit und Dummheit bedrängt oder wenn er sich gegen sinnlose Zerstörung historischer Architektur wendet. Da kann man schon einen sehr aktiven und energischen Flora kennenlernen.
Magdalena Hörmann hat dazu sehr treffend festgestellt: „Bei aller Bewunderung für die wort- und bildmächtigen Weltschmerzler, die Kubins und Herzmanovskys, die ihn geistig eng begleitet haben, ist Paul Flora die eigene Normalität ein wichtiges Gut. Er ist pünktlich und verlässlich in allen Handlungen, er hat ein freundliches Wesen und unterlässt Selbstgefälligkeiten und In-Positur-Setzungen, wozu es bei seiner Berühmtheit durchaus Möglichkeiten gäbe.“
Um auf die vorher erwähnten Distanzen zurückzukommen – man kann aber auch auf einen ungemütlichen Flora stoßen, wenn ihn Geschwätzigkeit und Dummheit bedrängt oder wenn er sich gegen sinnlose Zerstörung historischer Architektur wendet. Da kann man schon einen sehr aktiven und energischen Flora kennenlernen.
Er selbst sagt zu seinen Äußerungen: „Wie man aus meinen Geständnissen ersehen kann, bin ich beileibe kein Avantgardist, ich kann mich heute zurücklehnen, da ich im Kopf ein Avantgardist war, als es in den dreißiger und vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts nicht in Mode war, ein solcher zu sein.“